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Datenschutz pragmatisch betrachtet

OLG Hamburg v. 27.02.2025, Az.: 5 U 30/24. Keine generelle Verpflichtung einen Gastzugang anzubieten

Zusammenfassung des Urteils des OLG Hamburg (27.02.2025, Az.: 5 U 30/24)

Das Oberlandesgericht Hamburg hat entschieden, dass ein Online-Marktplatz nicht verpflichtet ist, einen Gastzugang anzubieten. Diese Entscheidung erlaubt es Online-Händlern, Kunden zur Erstellung eines Kundenkontos zu verpflichten, sofern dies für die Abwicklung des Bestellprozesses erforderlich ist. Dies bedeutet, dass kein Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) vorliegt, solange die Verarbeitung personenbezogener Daten auf das notwendige Maß beschränkt bleibt.

Hintergrund:
Die Entscheidung folgt auf eine Klage der Verbraucherzentrale gegen den Versandhändler Otto, der in bestimmten Fällen eine Registrierung erforderte, um eine Bestellung abwickeln zu können. Die Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden (DSK) hatte zuvor zu der Problematik eine Stellungnahme abgegeben und gefordert, dass die Möglichkeit eines Gastzugangs bestehen müsse, um die Datensparsamkeit und das Risiko von Sicherheitsvorfällen zu minimieren.

Abweichungen zwischen DSK und OLG Hamburg:

  • DSK-Stellungnahme: Die DSK vertritt die Auffassung, dass Online-Händler keinen Kunden zur Erstellung eines Kontos zwingen dürfen, um das Prinzip der Datensparsamkeit zu wahren und potenzielle Risiken durch dauerhafte Speicherungen personenbezogener Daten zu minimieren.
  • OLG Hamburg: Das Gericht hat jedoch klargestellt, dass die absolute Pflicht zum Gastzugang nicht besteht, wenn besondere Umstände vorliegen, z.B. bei Marktplätzen, wo die effiziente Abwicklung von Bestellungen von Dritthändlern erforderlich ist. Es ist wichtig, dass Unternehmen in der Lage sind, nachvollziehbare Gründe vorzubringen, um Ausnahmen von der Notwendigkeit eines Gastzugangs zu rechtfertigen.

Empfehlungen für Unternehmen:

  1. Prüfung der Registrierungsanforderungen: Unternehmen sollten die Notwendigkeit zur verpflichtenden Kontoerstellung in ihrem Online-Shop überprüfen und dokumentieren, ob besondere Umstände eine solche Praxis rechtfertigen.
  2. Einhaltung der Datensparsamkeit: Auch wenn ein Kundenkonto eingerichtet werden muss, sollte die Erhebung und Verarbeitung von Daten auf das unbedingt notwendige Minimum beschränkt werden.
  3. Sicherheitsmaßnahmen implementieren: Bei der Entscheidung, ob Kundenkonten erforderlich sind, sollten Sicherheitsaspekte berücksichtigt werden, um Risiken durch Datenpannen zu minimieren.
  4. Vermeidung von absoluten Regeln: Unternehmen sollten verstehen, dass gesetzliche Anforderungen je nach Geschäftsmodell variieren können. Es ist ratsam, die eigene Praxis regelmäßig zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen.
  5. Schulung und Verbraucherschutz: Mitarbeiter sollten hinsichtlich der rechtlichen Rahmenbedingungen geschult werden, um sicherzustellen, dass die Unternehmenspolitik im Einklang mit den aktuellen Anforderungen und Empfehlungen steht.

Insgesamt zeigt das Urteil des OLG Hamburg, dass Unternehmen mit Bedacht und unter Berücksichtigung ihrer speziellen Gegebenheiten entscheiden sollten, ob sie einen Gastzugang anbieten oder nicht. Der Fall ist aber auch nicht unbedingt verallgemeinerungsfähig, da er Otto.de betraf, die einen Marktplatz betreiben, bei dem eine Vielzahl von Bestellungen nicht mit Otto selbst, sondern mit Dritthändlern abgeschlossen würde. Das sollte man im Hinterkopf behalten.

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